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JAHRESBERICHT
2004 :
Kathmandu, 21.12.2004 |
Liebe Freunde und Förderer
unseres Projektes,
Vor etwa einer Woche haben wir uns für dieses Jahr mit einer
wilden
Party von unseren Kindern und Mitarbeitern verabschiedet und sind
zusammen
mit zwei britischen Freunden in nur eineinhalb Tagen nach Kathmandu
gepest.
Dieser Abschied spiegelt etwas das Jahr 2004 wieder. Eine große
Leichtigkeit,
viel sportliche Aktivität und ein rasantes Vorwärtspreschen.
Es
ist vielleicht noch nie so viel in einem Jahr geschehen und absurder
Weise waren wir auch noch nie so entspannt und zufrieden wie am Ende
dieses Jahres.
Und in diesem Sinne wollen wir Euch und Ihnen ein ebenso entspanntes,
wie erfolgreiches Jahr 2005 wünschen. Mit lieben Grüssen und
herzlichem Dank für Eure und Ihre Unterstützung!
Sabriye Tenberken,
Paul Kronenberg
Inhalt:
1. Neues aus Lhasa
1.1 neue Kinder
1.2 spezielle Trainingseinheiten
1.2.1 Computerkurs
1.2.2 Massagekurs
1.2.3 Sprachkurse
1.3 Selbstintegration
1.3.1 Massageklinik
1.3.2 Kinder in der Schule
1.3.3 Jampa
1.3.4 Norbu
1.4 Pläne für 2005
1.4.1 Ausweitung des Zentrums in Lhasa
1.4.2 Studienaufenthalt in England
1.4.3 Auslagerung der Massageausbildung
1.4.4 Ausweitung der Braille-Produktion,
1.4.5 Suche nach einer weiteren Schule
2.
Fortschrittsbericht Farm
2.1 Mitarbeiter
2.1.1 Ngawang
2.1.2 Chungla
2.1.3 Mike
2.1.4 Sonstige
2.2 Pflanzaktionen
2.2.1 Obstplantage
2.2.2 neue Getreidesorten,
2.2.3 Blumen
2.3
Renovierungsarbeiten und Neubauten
2.3.1 der Haupthof
2.3.2 Der Bauernhof
2.3.3 Umweltfreundliche Toiletten
2.3.4 Trainingsbahn für die Pferdeausbildung
2.3.5 Gewächshäuser
2.3.6 Käseproduktion
2.3.7 Wasserversorgung
2.4 Pferde
2.5 Neue Schüler
2.5.1 der erste taub-blinde Schüler
2.5.2 sonstige Schüler
2.6 Pläne
für 2005
2.6.1 Taub-Blinden-Programm
2.6.2 Dr. Wilfried Schäfer,
2.6.3 Lehrpfad
2.6.4 Wegesystem,
2.6.5 Käseprogramm,
2.6.6 Pferdeausbildung,
2.6.7 Vieherwerb
3. Lehrpläne zur Ausbildung im
"Pelshong Vocational Trainingcentre for the Blind"
3.1 Grundkurs für alle Auszubildenden
3.2 Ausbildungskurs in Landwirtschaft
3.3 Ausbildungskurs in Viehzucht
3.4 Ausbildungskurse in unterschiedlichem Handwerk
3.5 Ausbildungskurs in der Käseherstellung
4. Climbing Blind Expedition
5. Kerala
5.1 Kerala als Standort (Vorteile und Nachteile)
5.2 Internationales Trainingszentrum
5.3 Landkauf
6. Ladakh
1. Neues aus Lhasa
Anfang 2005 wird ein Zeitungsartikel in der größten
chinesich-sprachigen Zeitung erscheinen. Ein Journalist und ein
Fotograf
hatten sich für eine Woche in unserem Projekt einquartiert. Die
beiden
lernten mit unseren Kindern zusammen Englisch, ließen sich von
unseren
neu ausgebildeten Masseuren „durchwalken“ und fragten Schüler,
Mitarbeiter
und sogar Passanten auf der Strasse danach, was man denn so über
unser
Zentrum denke. Als ich schließlich an der Reihe war, richtete ich
die Frage an ihn, was ER denn so über das Projekt denke.
Bei diesem Gespräch stellte sich heraus, dass
er sich recht lange auf diesen Artikel vorbereitet hatte. Er habe, so
der Journalist, im Vorhinein eine Familie mit zwei kleinen blinden
Kindern aufgesucht und sei, verursacht durch diesen Besuch, mit dem
Gefühl nach Lhasa geflogen, Blindheit sei unumgänglich mit
dunkler Traurigkeit verbunden. Das, so der Journalist, habe sich aber
bereits beim Eintreffen in unser Projekt vollkommen geändert.
Für Traurigkeit, sei hier scheinbar kein Raum.
Wie auf Knopfdruck kam in diesem Moment eine strahlende Ze Lhamo ins
Interview geplatzt. Und als ich sie fragte, wie es ihr denn so ginge,
fing sie an, aus vollem Halse zu lachen und meinte dann
schließlich, als wolle sie sich über den Journalisten lustig
machen: "I am soooooo happy."
Die gute Laune der Kinder und Mitarbeiter ist wirklich das
Vorherrschende in diesem Projekt. Wir wachen auf mit kichernden
Teenagern, die sich im Hinterhof Heimlichkeiten austauschen, mit vor
Freude quietschenden Kleinkindern, die sich das Waschwasser um die
Ohren spritzen und mit ausgelassen lachenden 10jährigen, die mit
Puki Yamdrog, unseren Nomadenhund, treppauf, treppab um die Wette
joggen.
Wir frühstücken mit fröhlichen Mitarbeitern, die sich
beim morgendlichen Buttertee in den neuesten Lhasa-Klatsch vertiefen,
und wir sitzen oft abends zusammen im Hof und lassen uns von den
jüngeren, wie auch von den älteren Kindern alles über
ihre aufregenden Zukunftsträume erzählen.
Die Fröhlichkeit, die Ausgelassenheit und die
Selbstständigkeit der Kinder und Mitarbeiter geben uns den
täglichen
Schwung, den wir brauchen, um die bestehenden Projekte zu stabilisieren
und neue Projekte an den Start zu bringen.
1.1 Neue Kinder
In diesem Jahr sind sehr viele Kleinkinder gekommen. Sie füllen
jetzt die Mauseklasse. Wir haben uns daher für die Einstellung
einer zweiten Hausmutter entschieden. Die Hausmutter wird
von den Kindern Adja Momo genannt. Sie kommt aus dem gleichen Ort wie
unser junger Hausvater Lodri und ist ebenso motiviert. Adja Momo
kümmert sich vor allem um die Reinigungsarbeiten und um die ganz
jungen Schüler, die noch nicht die Energie und die Aufmerksamkeit
haben, sich den ganzen Morgen auf den Unterricht zu konzentrieren.
Nyima Punzog
Einer dieser kleinsten ist Nyima Punzog, der uns von seinem
Großvater, er wollte ihn wahrscheinlich so schnell wie
möglich loswerden, für fünf Jahre "verkauft" wurde. Nach
längeren ärztlichen Untersuchungen stimmte man darüber
ein, dass er zweieinhalb, höchstens drei Jahre alt sein
könne.
Nyima Punzog ist nun das Knuddeltier des Projektes
und wir müssen höllisch aufpassen, dass er nicht zu sehr
verwöhnt wird. Er nimmt bereits an Kylas Unterricht teil und sonst
spielt er mit dem Hund und faltet zusammen mit Momo die frisch
gewaschenen Betttücher.
Tashi Zering
Tashi Zering ist etwa sieben Jahre alt und kommt aus der
Shigatse-Region. Er ist ein „heller Kopf“, aber immer noch sehr
verspielt und macht gerne Unfug. Darum sitzt er noch in der
Mauseklasse. Da Dr.
Marc Liebermann, unser amerikanischer Augenarzt, ihn in diesem Jahr
nicht
mehr zu Gesicht bekam, wissen wir nicht, wie viel er noch sieht und ob
er seinen Sehrest vielleicht durch Sehhilfen optimalisieren kann. Tashi
Zering möchte davon aber nichts wissen. Er möchte einen
weißen
Stock, wie die anderen Kinder und wenn wir ihm sagen, dass er nicht
blind
sei wie die anderen, sondern lediglich schlecht sehe, fängt er
fast
an, zu weinen.
Dawa
Dawa ist etwa acht Jahre alt und lernt bereits in der Tigerklasse. Wie
Tashi Zering kommt auch er aus der Shigatse Region und hat sich
äußerst schnell im Projekt eingelebt.
Migmar Zering
Der 12jährige Migmar Zering ist ein Waisenkind, das von seiner
Großtante aufgezogen wurde. Als Wilfried, ein Agrarbiologe des
Panam-EU-Projektes der Tante von unserem Blindenzentrum
erzählte, war sie vollkommen dagegen, den Jungen nach Lhasa zu
lassen. Sie sei allein und habe sonst niemanden, der sie unterhalte.
Der Junge aber war voller Hoffnung, als er von der Schule hörte
und gemeinsam mit der sehr verständigen Dorfobersten gelang es
ihnen, die Tante davon zu überzeugen, dass es im besten Sinne des
Jungen und seiner Zukunft sei, ihn nach Lhasa zu lassen.
Der Junge ist ein sehr aufgeweckter Schüler, der sich im Nu
eingelebt und bereits viele Freunde gefunden hat.
Droga
Droga ist ein äußerst hübsches, noch etwas
schüchterndes Mädchen. Sie kommt ebenfalls aus der
Shigatse-Region und ist etwa neun Jahre alt.
Wangla
Wangla ist zehn Jahre alt und kommt aus einem Nachbardorf unseres neuen
Farmprojektes, also auch ein Shigatse-Kind. Der Vater brachte ihn nach
Lhasa und blieb einige Zeit zusammen mit ihm im Projekt. als er das
Gefühl hatte, Wangla hätte sich nun gut genug eingelebt,
verabschiedete er sich kurz, um wieder in sein Dorf
zurückzukehren. Es dauerte verhältnismäßig lange,
bis Wangla den Schmerz, in Lhasa zurückgelassen worden sein,
überwunden hatte. Zu Beginn weinte er viel und versuchte sogar
einige Male, davon zu laufen. Es dauerte wohl zwei Wochen, bis sich
Wangla vollständig eingelebt hatte und sich integriert
fühlte. Jetzt will er gar nicht mehr nach Hause.
Tenzin Tsamchö
Tenzin Tsamchö ist etwa sechs Jahre alt und kommt aus einer
landschaftlich wunderschönen Gegend, der Grenzregion zu
Sikkim.
Sie ist zurzeit noch in der Mauseklasse, wird aber
bald zur Tigerklasse umwechseln.
Kyla hat den Braille-Unterricht der Mauseklasse übernommen. Sie
spricht oft mit den jüngsten unserer Schüler über ihr
Leben vor dem Eintreffen ins Zentrum. Sie möchte dass sich die
Kinder schon sehr früh mit ihren Erfahrungen in Diskriminierung
auseinandersetzen, um so schnell wie möglich, über sie
hinauswachsen zu können. Während eines solchen Gesprächs
wunderte sich Tenzin Tsamchö, warum hier alle so freundlich zu ihr
seien. Zuhause würde sie nur mit Steinen beworfen. Zering, selbst
erst sechs oder sieben Jahre alt, erklärte daraufhin, dass die
Menschen in ihrem Dorf dumm seien. Er würde gerne in den Ferien
mit ihr zusammen in ihr Dorf fahren, um den Leuten zu erklären,
warum es nicht schlimm sei, blind zu sein.
Lhaki Dolma
Lhaki Dolma ist etwa 11 Jahre alt. Da sie sich ganz unauffällig in
unsere Wohngemeinschaft integrierte, weiß ich bisher noch wenig
über sie zu sagen.
Penchung
Penchung kommt aus Shabgiding, einer kleinen Region, die zwischen den
Städten Lhatse und Shigatse liegt.
Sie ist bereits 14 oder 15 Jahre alt, sehr intelligent und
äußerst gut in der Schule. Sie möchte später
gerne ins Farmprojekt übersiedeln.
Alle neue Schüler aus 2004 (auf dem Bild fehlt Nyima Puntsok)
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1.1.1 Einige Kinder haben aus den
unterschiedlichsten Gründen das Projekt wieder verlassen
Tendsin ein siebenjähriger Junge wurde von seinem Vater nach einem
Tag in der Schule wieder abgeholt, da er ihn zu sehr
vermisse und nicht ohne ihn leben könne. Er wird vielleicht zu
einem
späteren Zeitpunkt wiederkommen. Bei einem 13jährigen
Mädchen
Yangla war es die Mutter, die sie nach einigen Wochen wieder zu sich
holte.
Auch Sie vermisse sie zu sehr und glaube nicht, dass ihre Tochter zu
Haus
ein schlechteres Leben habe, als mit einer Schulausbildung. Tashi
Zering, ein 17jähriger Junge fühlte sich bei uns nicht wohl,
da er nicht rauchen und Bier trinken durfte. Er ging aus freien
Stücken wieder in sein Dorf zurück. Ein Mädchen aus der
Kham-Region durfte nicht kommen, da die selbst blinde Grossmutter nicht
einsah, warum ihre Enkelin eine Ausbildung haben solle. Sie selbst
hätte ihr Leben auch ohne Ausbildung
durchlebt. Sowohl das Kind als auch deren Eltern waren bei ihrer
Ankunft
voller Enthusiasmus über die neue Chance gewesen. Ein
23jähriger, wohl sehr intelligenter Junge, wurde von Kyla
aufgefordert, sich in der Trainingsfarm ausbilden zu lassen. Er schien
begeistert, machte dann aber auch einen Rückzug, da die
Großeltern nicht zustimmten. Sie brauchten ihn zum
Geschirrspülen und Wäschewaschen.
1.2 spezielle Trainingseinheiten
In diesem Jahr haben wir erneut einige internationale Spezialisten
eingeladen.
1.2.1 Computerkurs
Thomas Apel, ein selbst blinder Diplompsychologe und erfahrener
Computerbenutzer wurde zu einem dreiwöchigen Computer-Training
eingeladen. Thomas unterrichtete drei Schülergruppen mit
unterschiedlichen Voraussetzungen. Der Unterrichtsstoff beinhaltete:
Arbeiten mit der Sprachausgabe, Arbeiten mit Word und Windows Explorer
und für die weiter fortgeschrittenen Schüler die Arbeit mit
E-Mail und Internet. Kyla, eine der fortgeschrittenen Studentinnen im
Computer-Trainingskurs hat bereits die gesamte E-mail-Korrespondenz
während unserer Winterabwesenheit zwischen uns und der Schule
übernommen.
1.2.2 Massagekurs
Dr. Toan, ein vietnamesischer Arzt bot im November
dieses Jahres einen Intensivkurs in asiatischen Massagetechniken,
Klinik-Management, erste Hilfe und Kundenbetreuung an. Das Training
wurde durch freiwillige "Patienten" geprüft und für sehr
erfolgreich erklärt. Fünf der neun Auszubildenden sind
bereits in der Lage qualitativ hochwertige Massagen anzubieten.
1.2.3 Sprachkurse
Alle unsere Mitarbeiter erhalten seit dem Sommer 2004 Unterricht in
Englisch. Der Unterricht wird in Shigatse durch den Kanadier Mike
Parent erteilt und der Unterricht in Lhasa durch die Britin Katharine
Giffard Lindsay. Katharine ist ausgebildete Lehrerin für "Englisch
als Fremdsprache". Da in ihren Unterrichtsklassen Sehende,
Sehgeschädigte und Blinde zusammen lernen, stellt sie ihre
Materialien selbst zusammen und passt den Stoff so auch an den
tibetischen Hintergrund unserer Mitarbeiter an. Ihr Lehrbuch "Drink
like a fish" wird nun als das Standardwerk für Braille Without
Borders Mitarbeiter sowohl in Lhasa, als auch in Shigatse
verwendet.
Lhagdron (Hausmutter), Lodri (Hausvater) und Kyla (jetzt
Braille-lehrerin in der Mauseklasse) nehmen wöchentlich drei
Stunden Chinesisch-Unterricht.
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>
1.3 Selbstintegration
Hauptziel unserer Organisation ist, die Schülerinnen und
Schüler unserer Einrichtung auf die Integration vorzubereiten. Sie
sollen durch die Ausbildung in unserem Zentrum in der Lage sein, sich
selbst in die Gesellschaft zu integrieren, das bedeutet Kinder werden
sich in Regelschulen, Jugendliche und Erwachsene in für sie
geeignete und gewünschte Berufe integrieren.
1.3.1 Massageklinik
Kyla und Digi, die ersten Absolventinnen der medizinischen Massage- und
Physiotherapie-Ausbildung richteten Ende 2003, Anfang 2004 ihre eigene
Massagepraxis in einer Zwei-Zimmer-Wohnung gegenüber vom
Kyichu-Hotel ein. Selbstständig luden sie Vertreter der Medien ein
und verteilten Flugblätter in englischer, chinesischer und
tibetischer Sprache, um für ihre Praxis zu werben. Es zeigte sich,
dass sie im Sommer 2004, vor allem mit Touristen ein recht gutes
Einkommen generieren konnten.
1.3.2 Kinder in der Schule
Die ersten vier Kinder, die sich in einer Grundschule in Metrogonga
integrierten, machten ihre Sache hervorragend. Sie hatten zu Anfang
Defizite in Mathematik und Chinesisch, durch viel Eigeninitiative und
Motivation wurden jedoch diese Defizite schnell wieder ausgeglichen.
Die vier Teenager haben Freunde und sind bei ihren Lehrern anerkannt.
Leider gab es Schwierigkeiten mit dem Leiter der Schule, der die
blinden Kinder angeblich "aus Platzmangel" nicht mehr in der Schule
haben wollte. Zusammen mit dem lokalen Erziehungsamt, der Organisation
Save the Children und unserem eigenen Counterpart erreichen wir in
mehreren
Gesprächen, dass die vier Schüler bis einschließlich
der
sechsten Klasse in der Schule bleiben dürfen. Weitere blinde
Kinder
werden aber nicht akzeptiert. Das stellt ein Problem da und wir hoffen,
dass wir in der nächsten Zeit eine langfristigere Lösung
finden.
1.3.3 Jampa
Jampa hatte den Traum, in seinem Heimatdorf ein Teehaus zu
eröffnen. Da die Distrikt-Regierung eine Durchfahrtsstrasse durch
sein Dorf plante, schien dies auch eine gute Idee zu sein. Leider sind
diese Pläne aber gestrichen worden und sein Dorf wird nun immer
eine Stunde abseits von der Hauptverkehrsstrasse bleiben, zu weit, um
einen regen
Kundenfluss denken zu können. Jampa aber, der seine Familie
ernähren
und nicht nur von seiner Schwester Kyla abhängig sein möchte,
blieb nicht lange untätig. Er besann sich seiner sprachlichen
Talente
und bot seine Dienste als Übersetzer dem Farmer Hotel in Lhatse
an.
Jampa ist nun als Tourguide und Übersetzer angestellt und bezieht
seit
kurzem auch ein regelmäßiges Gehalt.
1.3.4 Norbu
Der 14 jährige Norbu wurde auf Probe im Mai dieses Jahres zur Farm
mitgenommen. Es hatte ihm so gut gefallen, dass er gar nicht mehr
zurück nach Lhasa wollte. Norbu ist ein sehr praktisch- und
technisch orientierter Junge, der sich bereits sehr gut auf der Farm
auskennt und von allen Mitarbeitern über alles, was gebraucht,
weggestellt oder angefertigt werden muss, befragt und informiert wird.
Norbu möchte gerne im nächsten Jahr in der Käserei zum
Käser ausgebildet werden.
1.4 Pläne für 2005
Obwohl das Zentrum in Lhasa bereits weitgehend auf
eigenen Füssen steht und selbstständig läuft,
müssen
noch einige Vorbereitungen getroffen werden, bevor wir alles unseren
lokalen Mitarbeitern und unserem Counterpart anvertrauen können.
Dazu gehören Maßnahmen, die wir im kommenden Jahr angehen
möchten.
1.4.1 Ausweitung des Zentrums in Lhasa
Hinter unserem Zentrum befindet sich ein etwa 330 Quadratmeter
großes brachliegendes Rechteck, dass wir gerne von unseren
Nachbarn auf der Westseite kaufen möchten. Das Land wäre gut
geeignet, um sowohl den Hinterhof mit einer Spielwiese zu
verschönern, als auch einen weiteren Neubau für
überfällige Schlafräume anzufertigen. Die jetzigen
Schlafräume würden dann in Klassenzimmer umgewandelt.
Ein Vorverkaufsvertrag wurde bereits abgeschlossen, alles Weitere
hoffen wir im kommenden Frühjahr zu klären.
1.4.2 Studienaufenthalt in England
Es gibt zwei besonders begabte Schülerinnen unseres Zentrums,
Yudon 17 und Kyla 19 Jahre alt, denen wir durchaus die Leitung des
Zentrums in ein paar Jahren zutrauen würden. Beide sind für
tibetische Verhältnisse unheimlich motiviert, innovativ und
initiativ. Bevor sie aber eine solche Aufgabe übernehmen
können, möchten wir ihnen die Zeit und die Chance geben, sich
durch Ausbildung und mehr
Lebenserfahrung darauf vorzubereiten.
Im nächsten Jahr möchten sie einen einjährigen
Englischkurs in Südengland, in Totnes besuchen. Sie haben dort die
Chance ein Cambridge-English-Certificate zu machen und könnten
unter Umständen daraufhin einen Management-Kurs belegen. Die
beiden organisieren zurzeit ihre Pässe.
1.4.3 Auslagerung der Massageausbildung
Die Ausbildung der Medizinischen Massage soll im Jahre 2005 ausgelagert
werden.
Tashi Zering, der Hauseigentümer des Gebäudes, in dem sich
die Massagepraxis von Kyla und Digi befindet, vermietet dem Projekt
acht weitere Räume, die wir über den Winter renovieren und zu
einer Massageklinik mit Trainingsräumen gestalten wollen. Die
Studenten dieses Trainings werden dort auch essen und wohnen. Nur
einige Unterrichtsfächer, wie z. B. English und Chinesisch werden
noch im
Zentrum stattfinden.
1.4.4 Ausweitung der Braille-Produktion
Aufgrund des erhöhten Braillebuch- Druckbedarfs werden im
kommenden Jahr ein bis zwei neue Mitarbeiter eingestellt und
zu Braillebuch-Produzenten ausgebildet. eine neue
Braille-Druckmaschine,
die den erhöhten Bedarf bedienen kann, ist bereits in Lhasa
eingetroffen.
1.4.5 Suche nach einer weiteren Schule
Wegen der oben erwähnten Unstimmigkeiten mit dem Schulleiter der
Metrogonga-Schule sind wir dabei, eine neue Lösung für die
zukünftige Integration weiterer blinder Schüler zu finden. So
hat sich das Erziehungsamt von Lhasa bereit erklärt, zusammen mit
uns nach einer langfristigen Lösung zu suchen. Wichtig, so das
Erziehungsamt, sei, dass die Lehrer der Schule genau wüssten, auf
was
sie sich da einließen. Es wird nun an Hand der gemachten
Erfahrungen ein ausführlicher Bericht erstellt, der den
zukünftigen Integrationsschulen vorgelegt werden kann.
Wir hoffen also, dass vier weitere Schüler bereits schon im
Frühjahr des kommenden Jahres ihre Chance bekommen, sich und ihre
Möglichkeiten in Regelschulen unter Beweis zu stellen.
2.
Fortschrittsbericht Farm
Im Dezember 2003 wurde ein Vertrag zwischen der lokalen NGO Tibet
Development Fund(TDF), vertreten durch Ngagpo Jigyuan, unserem Partner,
Tibet Disabled Person's Federation, vertreten durch Wangchen Geleg und
Braille Without Borders, vertreten durch Paul Kronenberg unterzeichnet.
Inhalt dieses Vertrages ist die seit dem Jahr 2001 geplante und vor
allem durch die Stiftung "Dark and Light" finanzierte, Ausbildungsfarm
für blinde Nomaden und Bauern. Durch die Vermittlung des Schweizer
Roten Kreuzes stellte uns TDF Land und Gebäudekomplexe
unendgeldlich für eine Zeitdauer von mindestens 15 Jahren zur
Verfügung.
Das Land hatte zunächst einer vom Schweizer Roten Kreuz
unterstützten tibetischen Medizinschule gedient. Eines der
Hauptgebäude wurde vor zwei Jahren durch Paul Kronenberg entworfen
und unter seiner Anleitung gebaut.
Aus den unterschiedlichsten Gründen wurde nun
nach 10 Jahren die Medizinschule geschlossen und man übertrug uns
das Nutzrecht der Gebäude und Einrichtungsgegenstände sowie
des landwirtschaftlichen Betriebes.
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Das Land ist etwa 20 km
außerhalb von Shigatse, der zweitgrößten Metropole
Tibets gelegen. Es gehört zu einem Dorf, namens Pelshong und wird
im Folgenden Vocational Trainings Centre for the Blind, Pelshong
genannt. Es liegt am Lhasa-Kathmandu-Friendship-Highway und ist von
einer Mauer umgeben.
Das Land umfasst etwa 160.000 Quadratmeter, also 16 Hektar. Es
beinhaltet zwei Gebäudekomplexe, ein großes Theater und
einige Baracken und Scheunen. Zudem gibt es im unteren Bereich einen
kleinen See der von drei Enten eingenommen wurde, eine kleine, etwas
vernachlässigte Baumschule und einige Felder, die jährlich
mit Raps, Gerste und Kartoffeln bestellt werden. Um die
Außenmauer des Landes windet sich ein kleiner, künstlicher
Frischwasser-Kanal. Der gesamte Komplex wird von Süden her durch
Hügel vor Staubstürmen geschützt. Durch das
Grundstück führen breite befahrbare Sandwege und
Trampelpfade.
Links vom Hauptweg liegt der größere Gebäudekomplex. Er
beinhaltet Schlafräume, Klassenräume, einen Esssaal, eine
Großküche, Werkstätten, verschiedene kleine, vom
Haupttrakt abgetrennte Höfe mit Zimmern für Mitarbeiter und
das von Paul Kronenberg entworfene Haupthaus. Zu den unterschiedlichen
Räumlichkeiten sowie zu den Nebenhöfen gelangt man aus einem
großen Innenhof. Der zweite, etwas kleinere
Gebäudekomplex ist auf der Südwestseite gelegen und umfasst
Ställe, Schuppen und einen Wohntrakt.
Seit April dieses Jahres wurden Mitarbeiter eingestellt und
eingewiesen, Gebäude renoviert, Neubauten angefertigt, Vieh
erworben und erste Pflanzungen unternommen.
2.1 Mitarbeiter
Als Mitarbeiter auf der Farm übernahmen wir zum einen sich bereits
im Lhasa-Zentrum bewehrte Kräfte und stellten zum anderen lokale
Landwirte ein.
2.1.1 Ngawang
Ngawang arbeitete bisher als Hausvater im Lhasa-Zentrum. In Pelshong
stellten wir ihn als Aufseher und Farm-Manager ein.
Mit solch einer Verantwortung betraut wuchs Ngawang in seinem
Engagement und ist seither in der Lage das Projekt fast in Eigenregie
zu leiten.
2.1.2 Chungla
Ngawangs Frau Chungla, eine hochmotivierte, liebenswerte Person,
arbeitet zur Zeit in der Küche, möchte aber später als
Ausbilderin für die Käseproduktion eingewiesen werden.
2.1.3 Mike Parent
Als langjährigen Vertreter für Braille Without Borders, baten
wir den Kanadier Mike Perent sich uns anzuschließen. Mr. Parent
hatte 35 Jahre in Indien, Darjeeling gearbeitet. Er unterhielt dort ein
ökologisches Farmprojekt, das sich um die Ausbildung von
schwererziehbaren und behinderten Jugendlichen in der Landwirtschaft
kümmerte. Mr. Parent
kennt sich vor allem in der Obstbaupflege, in der Kompostierung sowie
in
der Grünhausbearbeitung aus. Er lebt bereits seit 6 Jahren lebt in
Tibet, studierte an der Tibet-Universität Tibetisch und lernte
nebenher
Chinesisch. Im Sommer dieses Jahres bekam er ein Z-Visum und erhielt
damit
die Berechtigung eine Green-Card, sowie einen Führerschein zu
beantragen.
2.1.4 Sonstige Mitarbeiter
Zwei lokale Landwirte mit Familie wohnen und arbeiten
äußerst erfolgreich auf dem Grundstück. Ein
älterer Onkel Chunglas kümmert sich um die
Grünhäuser.
Von der Medizinschule haben wir neben dem Landwirt und seiner Familie
auch eine sehr nette und noch sehr junge Köchin übernommen,
die sich bereits mit Chungla anfreundete.
2.2 Pflanzaktionen
Wir konzentrierten uns bereits in diesem Jahr schon verstärkt auf
den Obst- Gemüse- und Getreideanbau, um so schnell wie
möglich durch Verkauf der Erzeugnisse Gelder für die
zukünftigen laufenden Kosten der Farm erwirtschaften zu
können.
2.2.1 Obstplantage
Im April dieses Jahres wurden 100 Pfirsich- und 100 Apfelbäume
gepflanzt. Wenn die Mehrzahl den Winter übersteht, können wir
in drei bis fünf Jahren mit der ersten Ernte rechnen. Die
Obstbaumpflege soll auch in das Training von Blinden einbezogen werden.
2.2.2 Neue Getreidesorten
Neben der üblichen Raps- und Gersten-Anpflanzung, probierten wir
auf Anraten des Argrarbiologen Dr. Wilfried Schäfer auch für
Tibet neue Getreidesorten wie Winterroggen und Tritikale, ein Kreuzung
von Roggen und Weizen aus. Würden diese Getreidesorten auf der
Höhe von 4200 Metern gedeihen, könnte das den bisher recht
einseitigen Speiseplan der Tibeter erheblich bereichern.
2.2.3 Blumen
Im letzten Herbst wurden 12.000 Tulpen, Narzissen und Krokusse gesetzt.
Die Blumen sollen nicht nur die Farm verschönern, aber auch den
Blumen liebenden Tibetern zum Kauf angeboten werden. Wir versprechen
uns mit dem Verkauf von Blumen und Blumenzwiebeln einen erheblichen
Beitrag zur Deckung der laufenden Kosten.
2.3 Renovierungsarbeiten und Neubauten
Der Zustand der Farm am Anfang dieses Jahres war alles andere als
einladend. Fast alle Wohnkomplexe wurden lange vor Einzug der
Medizinschule errichtet. Sie wurden durch die Medizinschule allerdings
lediglich genutzt und nicht gepflegt. Das vor drei Jahren errichtete
Haupthaus wurde hingegen wenig genutzt und sieht daher ebenfalls
vernachlässigt aus. Auf dem Grundstück befinden sich 11
Brunnen, von denen allerdings nur drei Wasser führen. 8 sind
versiegt oder verschmutzt.
2.3.1 der Haupthof
Um die Gebäudekomplexe zu renovieren stellten wir temporär
Maurer, Mahlermeister, Schreiner und Hilfsarbeiter ein. Zurzeit
arbeiten die Handwerker am Hauptgebäudekomplex. Zunächst
wurden die Nebenhöfe der zukünftigen Mitarbeiter in Angriff
genommen. Ngawang, Chungla
und Norbu haben jetzt einen kleinen hübschen Wohnflügel mit
einem
gemütlichen Innenhof. Schlafsäle für insgesamt 35 Betten
wurden renoviert und für den Einzug von künftigen
Schülern
vorbereitet. Die ehemals rußgeschwärzte Küche wurde
renoviert
und vollkommen neu Eingerichtet. Das Haupthaus wurde weiß
angemalt
und der Innenhof mit Rasen besäht.
2.3.2 Der Bauernhof
Dank des ausgezeichneten Landwirts und seiner Frau wurden einige
der Felder jährlich sorgfältig bestellt und über das
Jahr
hinweg gepflegt. Durch Gerste-, Raps- und Kartoffelverkauf sollen zur
Erntezeit bis 30.000 Yuan eingebracht werden. Der Landwirt und seine
Frau
wirkten auf uns ehrlich, arbeitswillig und hoch motiviert. Umso
trauriger
empfanden wir den Zustand seines Wohnhauses. Seit Jahren lebte das Paar
mit ihren beiden kleinen Kindern in einem Gebäudekomplex, der sich
nicht wesentlich von einem Stall unterschied. In den Fenstern gab es
keine
Fensterscheiben, die Lehmböden waren rissig und die Türen
schlossen
nicht richtig. als wir ihm anboten, sein Heim zu renovieren, konnte er
es
erst einmal nicht glauben. Als wir dann versicherten, unsere Handwerker
würden mit der Renovierung seiner Wohnung beginnen strahlte die
ganze
Familie. Die Fenster wurden mit Glas versehen, Fensterrahmen und
Türen
mit bunten Farben im tibetischen Stil bemalt und die Böden mit
gebrannten
Tonfliesen belegt.
Der Innenhof soll noch teilweise mit Steinen bepflastert werden.
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2.3.3 umweltfreundliche Toiletten
Auf Anraten Herrn Seiz aus der Schweiz, wurden neue
umweltverträgliche Toiletten eingerichtet. Dazu entwarf Paul
Kronenberg ein eigenes System, in dem die menschlichen Exkremente in
einer Schubkarre aufgefangen und dann zu einer Trockengrube
transportiert werden können. Die Trockengrube wird durch ein
Plastikdach beheizt. nach etwa zwei Jahren können die Gruben
entleert werden. Die menschlichen Exkremente werden bei
durchschnittlich 20 Grad Celsius in hervorragenden Kompost umgewandelt.
2.3.4 Trainingsbahn für die Pferdeausbildung
Eine der Ausbildungseinheiten wird Pferdepflege, Reiten und Zureiten
umfassen. Dazu haben wir in diesem Sommer eine Trainingsbahn errichtet.
Die Trainingsbahn ist rund und hat einen Durchmesser von 18 Metern. Die
Wände sind aus Lehmziegeln gemauert und sie sind ganze 1,80 Meter
hoch, sodass das Pferd beim Training nicht durch äußere
Einflüsse abgelenkt wird.
Ein Tor und ein daran anschließender Gang führt zum
Pferdehof.
2.3.5 Gewächshäuser
Saatguterstellung, Blumen- und Gemüseaufzucht
im Gewächshaus erscheint uns als geeigneter Beruf gerade für
diejenigen blinden Menschen, die wegen Alter oder Späterblindung
Orientierungs- und Mobilitätsbeschwerden aufweisen. Um die
Orientierung
und die Handhabung der Beete zu vereinfachen, haben wir in den
Gewächshäusern 1m©˜ große Pflanzparzellen
eingerichtet. In einem der Gewächshäuser sind die Beete sogar
erhöht, sodass auch Rollstuhlfahrer an ihnen arbeiten können.
Für den Bau der Gewächshäuser hat sich Paul
Kronenberg einen neuen Stil ausgedacht. Alle Mauern sind doppelwandig
(außen
Ziegelstein, innen Lehmziegel) und aus den sehr isolierenden
Lehmziegeln
errichtet. Das Plastikdach wird mit einer Stahlkonstruktion
aufrechterhalten.
Statt der als Lüftungsschächte funktionierenden Risse im
Plastik,
ließ Paul Fenster auf der Nordseite und Südseite einbauen,
die
bei zu viel Wärme mühelos aufgeklappt werden können.
Damit
über Nacht die angestaute Wärme nicht verloren geht, wird
eine
Baumwolldecke über das Dach gerollt. Natürlich werden die
Schüler
in ihrem Unterricht auch lernen, wie man in recht einfacher Weise,
allein
mit Bambus und einer Plastikplane ein Gewächshaus errichten kann.
2.3.6 Käseproduktion
Im November dieses Jahres wurde die durch Paul Kronenberg entworfene
Käserei fertig gebaut. Sie muss im Frühjahr lediglich
eingerichtet werden und dann kann das Käsemachen beginnen. Wir
werden uns beim Käsemachen auf tibetische und europäische
Frischkäserezepte konzentrieren, andere Möglichkeiten aber
nicht außer Acht lassen.
2.3.7 Wasserversorgung
Der Boden der Trainingsfarm ist laut Aussage des Agrarbiologen Dr.
Wilfred Schäfers sehr fruchtbar. Allerdings muss kräftig
bewässert werden. Um von der unregelmäßigen
Wasserversorgung der umliegenden Dörfer weitgehend unabhängig
zu sein, richteten wir Pumpen ein, die das Wasser in einen Tank leiten.
Von diesem Tank wird nun das Wasser durch ein umfassendes
Röhrensystem (fast 2 km Länge) über das gesamte Land
verbreitet. Überall wurden Wasserhähne angebracht, sodass wir
auch in entlegenen Ecken das Land bewässern können.
2.4 Pferde
Seit dem Sommer dieses Jahres grasen nun drei ausgewachsene Pferde und
ein immer größer werdendes Fohlen auf den Wiesen unserer
Farm. Sie werden von Drolma Gompo einem selbst behinderten Khampa aufs
beste gepflegt und sehen für tibetische Verhältnisse
ungewöhnlich fett, gesund und glücklich aus. Die Pferde
wurden am Yamdrogsee gekauft und von Sharyn, einer Kanadierin und mir
in einem 10tägigen, recht abenteuerlichen Ritt nach Shigatse
überführt.
2.5 Neue Schüler
Die Trainingsfarm wird jetzt zum Winter 2004-2005 für neue
Schüler geöffnet. Zielgruppe sind jugendliche und erwachsene
Blinde und hochgradig Sehgeschädigte. Einige Blinde dieser
Zielgruppe sind spät erblindet und waren vor ihrer Erblindung in
meist landwirtschaftlichen Berufen tätig. Ihre Fähigkeiten,
mit Tieren und Pflanzen umzugehen, gingen durch die Erblindung nicht
verloren. Wir möchten ihnen nun neue Techniken und Methoden
anbieten, um sie wieder in ihren alten Berufen, vielleicht sogar mit
neuen, weiterführenden Möglichkeiten, zu integrieren.
2.5.1 Der erste taub-blinde Schüler
Die Trainingsfarm ist groß genug, um auch im begrenzten Umfang
Blinde mit einer zusätzlichen Behinderung auszubilden. So nahmen
wir im Sommer 2004 einen 18 jährigen taubblinden Jugendlichen auf.
Er hatte mit fünf Jahren durch eine medizinische Fehlindikation
sein Hörvermögen eingebüsst und wurde mit 15 Jahren
durch eine Augeninfektion blind. Der Junge hatte bis zu seiner
Erblindung in Lhasas Tauben-Schule sehr erfolgreich Unterricht im
Lesen, Schreiben und in der Gebärdensprache erhalten und wurde
dann aber aus dem Schulunterricht entlassen. Seine Mutter war für
drei Jahre die einzige Person, mit der
er kommunizieren konnte. Wir luden beide, Mutter und Sohn ein, sich in
der
Farm einzurichten. Norbu freundete sich mit dem Taub-Blinden Dangsang
Wangdu
an und brachte ihm in nur wenigen Tagen das tibetische Braille-
Alphabet
bei. Nun lernt er zusätzlich Englisch lesen und schreiben und kann
es
sogar ein wenig aussprechen. Er kennt sich mittlerweile in der Farm aus
und
orientiert sich mit Hilfe eines weißen Stockes ohne fremde Hilfe.
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2.5.2 sonstige Schüler
Weiterhin kamen eine 23jährige Schülerin
aus Dodi und ein 27jähriger Schüler aus Lhasa in die Farm.
Die
beiden sind wissbegierig und lernen im Winter zusammen mit Dangsang
Wangdu
und Norbu als Lehrer die tibetische und englische Blindenschrift.
2.6 Pläne für 2005
Die vorläufigen Pläne des Jahres 2005 entwickeln sich zum
Großteil recht flexibel aus den Aktivitäten des Vorjahres.
2.6.1 Taub-Blinden-Programm
So entwickelten wir durch die Aufnahme des 18jährigen Dangsang
Wangdu die Idee, auf der Farm ein kleines, überschaubares
Pilotprojekt für tibetischsprachige Taubblinde aufzubauen. Die
Mutter Dangsang Wangdus hat großes Interesse, sich professionell
ausbilden zu lassen. Für dieses Programm sind wir zurzeit auf der
suche nach Materialien und chinesische, wie auch eventuell
ausländische Berater.
2.6.2 Dr. Wilfried Schäfer
Der Agrarbiologe Dr. Wilfried Schäfer, ehemaliger EU-Mitarbeiter,
ist hier in Tibet als Experte für Pflanzenzucht in
Höhenregionen bekannt. Dr. Schäfer hat uns im vergangenen
Jahr bei Beratung und Einrichtung der Farm sehr geholfen und ist daran
interessiert, uns weiterhin zur Seite zu stehen. Wir möchten ihn
gerne als Pflanzenexperte für unsere Farm gewinnen.
2.6.3 Lehrpfad
Einer seiner Ideen war die Einrichtung eines 100 Meter langen
Lehrpfades mit Blumen, Kräutern, Getreide und Gemüsesorten.
Braille-schrifttafeln in Tibetisch, Chinesisch und Englisch sollen die
Pflanzen kennzeichnen. Auf diese Weise können Blinde die Pflanzen
benennen und deren Unterschiede durch Tasten, Riechen und Schmecken
erkennen.
2.6.4 Wegesystem
Da das Trainingsfarmgebiet sowohl für Blinde,
als auch für Sehende recht unübersichtlich ist, werden wir im
kommenden Jahr ein neues Wegesystem errichten. Die Wege und Strassen,
die
durch das Landgut führen, werden befestigt und an den Rändern
mit Leitplanken oder Leitröhren versehen, an denen ein Blinder
sich
mittels eines Stockes entlang tasten kann. Zusätzlich werden alle
Wege mit Namen in tibetischer-, englischer und chinesischer Sprache
versehen,
sodass sich Blinde leicht einen Lageplan vorstellen können.
2.6.5 Käseprogramm
Im nächsten Jahr soll ein weltweit einzigartiger Workshop
entstehen, in dem Chungla, Norbu und ich von einem europäischen
Käsespezialisten ausgebildet werden. Es soll ein
eigenständiges Programm zur Käseherstellung durch Blinde
entwickelt werden.
Die Ausbildung wird auch Tierhaltung und Tiermedizin, sowie das Testen
der Milchqualität umfassen.
2.6.6 Pferdeausbildung
Sharyn, die kanadische Pferdeexpertin, wird im kommenden Jahr Drolma
und mich in der Kunst des Zureitens ausbilden. Dazu versuchen wir neue
Techniken zu entwickeln, die es auch versierten blinden Reitern
möglich machen, Jungpferde auszubilden.
2.6.7 Vieherwerb
Für den Unterricht in der Tierzucht, wie auch
für die Produktion von Eiern und Milch, werden wir im kommenden
Jahr
Hühner und Kühe, zwei Pferde und ein paar Schweine anschaffen.
3. Lehrpläne
zur Ausbildung im Pelshong Vocational Training Centre for the Blind
Die folgenden Lehrpläne werden durch die Erfahrung über die
kommenden Jahre hinweg weiter entwickelt und ausgebaut.
3.1 Grundkurs für alle Auszubildenden
Jeder Auszubildende blinde oder hochgradigsehgeschädigte
Erwachsene wird zunächst in einem zweiwöchigen Kurs mit den
Grundlagen der unterschiedlichen Ausbildungslehrgänge, wie auch
mit Mobilitäts- und lebenspraktischen Fertigkeiten vertraut
gemacht. In diesem Grundkurs können die Ausbilder in
Zusammenarbeit mit den Auszubildenden erfahren, welcher Berufszweig
für den jeweiligen Schüler am besten geeignet erscheint.
Zur näheren Beschreibung des Grundkurses siehe Lehrplan: Grundkurs
3.2 Ausbildungskurs in Landwirtschaft
Der Landwirtschaft-Kurs wird die Dauer von einem Jahreszyklus, also von
Ende März (Saat- und Pflanzzeit) bis Ende Oktober (Erntezeit)
nicht unterschreiten. Der Kurs wird in drei Teilbereiche gegliedert.
Auszubildende können sich auch in jeweils einem Teilbereich
ausbilden lassen.
a) Gemüseanbau im
Gewächshaus
b) Feldbewirtschaftung
c) Obstbaumpflege
Zur näheren Beschreibung des Landwirtschaftskurses siehe Lehrplan:
Landwirtschaftskurs
3.3 Ausbildungskurs in Viehzucht
Der Viehzucht-Kurs wird die Dauer von drei Monaten
nicht unterschreiten. Er ist in drei Teilbereiche aufgegliedert. Die
Auszubildenden können sich einen oder mehrere Teilbereiche
auswählen.
a) Hühnerzucht und
Eierproduktion
b) Rinderzucht und Milchproduktion
c) Pferdehaltung, Pferdemedizin und Pferdeausbildung
Zur näheren Beschreibung des Viehzucht-Kurses
siehe Lehrplan: Viehzucht-Kurs
3.4 Ausbildungskurse für verschiedene Handwerkarten
Die Ausbildungsdauer im handwerklichen Bereich wird, je nach Handwerk,
die Dauer von sechs Wochen nicht unterschreiten. Der
handwerkliche Bereich ist in mehrere Teilbereiche aufgeteilt. Die
Schüler
können sich einen Teilbereich auswählen.
a) Töpferei (zwei Monate
und mehr)
b) Korbflechterei (2 Monate und mehr)
c) Teppichweberei (6 Wochen und mehr)
d) Anfertigung von Strickwahren (6 Wochen)
Zur näheren Beschreibung der Handwerkskurse siehe Lehrplan:
Handwerkskurse
3.5 Käseherstellung
Die Ausbildungsdauer innerhalb der Käserei wird sechs Monate nicht
unterschreiten. Alle Auszubildenden der Käserei werden
zunächst einmal in Rinderhaltung und Milchproduktion unterwiesen.
Nach dieser Grundeinweisung können sie sich für folgende
Ausbildungszweige entscheiden:
a) Yoghurt-, Butter- und
Sahne-Produktion (6 Monate)
b) Tibetische Käsespezialitäten (6 Monate)
c) Westliche Frischkäse-Spezialitäten
(Aufbaukurs auf a), insgesamt 1 bis 2 Jahre)
d) Westliche Hartkäsespezialitäten
(Aufbaukurs auf a) und c), insgesamt 3 Jahre)
Zur näheren Beschreibung der Käserei siehe Lehrplan:
Käserei
4. “Climbing blind”
Expedition
Seit etwa zwei Jahren stehen wir im Kontakt mit Erik Weihenmayer, einem
blinden Bergsteiger, der vor drei Jahren den Everest bestiegen hat. In
diesem Jahr kam Erik mit seinem Everest Team auch nach Tibet und
unterrichtete sechs unserer Kinder im Felsklettern. Er unternahm mit
ihnen und uns eine recht anspruchsvolle Trekkingtour von Tsirpu nach
Yambachen. Im Herbst dieses Jahres kehrten Erik und sein Team wieder
zurück und unternahmen mit uns die Bergbesteigung des 7.000er
Lhagpari. Lhagpari ist ein Nachbarberg des Everest und wird von den
Everesthungrigen gern
als Sprungbrett benutzt. Unsere Expedition, die unter anderen durch
Mountain Hard Wear gesponsert wurde, schaffte es bis zu einer Höhe
von 6500
Metern.
Ein Dokumentarfilm mit dem Namen "Climbing higher"
wird im nächsten Jahr international gezeigt werden
Für mehr Informationen lesen Sie bitte die Webseite
www.climbingblind.org.
5. Kerala
Im September 2003 wurde ein Artikel über unser Projekt in
der New York Times veröffentlicht. In diesem Artikel wurde
erwähnt, dass wir gerne ein weiteres Projekt in Süd Indien
starten wollten. Es gab auf diesen Artikel recht viele Reaktionen. Eine
davon klang sehr
viel- versprechend: Brief von Navin.
Dear Sabriye and Paul.
I have not bought the NY Times in over a year ... On Saturday I
happened to pick it up while buying a coffee and the moment I read your
article I knew there was a reason why. We are so excited by your
response and we really look forward to meeting you and discussing this
in more detail. I have set myself 3 goals that I would like to complete
by early 2005. Helping both of you start the training center in Kerala
is one of them. I was born in Kerala and I speak Malayalam fluently. I
spent most of my childhood in a boarding school in Coonoor, Tamil Nadu.
Here is how I would like to help you:
1. Get funding to acquire land and set up infrastructure in Kerala. I
think between my friends in the US and my family we should have enough
to start. I spoke to my mother today. She wishes to help too.
2. Help with any bureaucratic hurdles you may face in Kerala. I have
several contacts in Kerala that can help us.
3. Help with administrative tasks involved in the initial hiring
and training of the local people.
If we do not make it to Nepal in December we would really like to meet
you in India. In January when you are here please consider staying with
Dani and I in Trivandrum. We have an estate house which is in a very
quite area 30 kms away from the city. We will arrange all logistics and
we
would love to have you both as guests.
With best regards,
Navin
Am 1. Januar 2004 trafen wir uns dann am Flughafen in Bangalore und
fuhren einige Tage später zusammen nach Kerala. Seit diesem ersten
Treffen haben wir uns zu einem sehr effektiven Viererteam zusammengetan
und sowohl Navin, als auch seine deutsche Freundin Dani sind zu
unschätzbaren Unterstützern und Freunden geworden.
5.1 Kerala als Standort
Für ein internationales Trainingszentrum scheint Kerala ein
ausgesprochen guter Standort zu sein.
a) Das tropische Klima ist
erträglich, da Kerala von der West-Seite durch Meeresbriesen
erfrischt wird. Auf östlicher Seite gibt es kühlere
Bergregionen. Verglichen mit anderen, nördlicheren Regionen
Indiens übertragen Moskitoarten in Kerala weitaus weniger
Krankheiten. Malaria oder Denge sind daher selten.
b) Gemüse und Obst können zum großen
Teil
im eigenen Garten angepflanzt oder günstig in der Nähe
eingekauft werden. Andere Nahrungsmittel sind einfach erhältlich.
c) Die Menschen in Kerala haben eine gute
Schulbildung. Es ist daher einfach, gutes Personal zu finden.
5.1.1 Fabrik für Blindenhilfsmittel
Schwieriger scheint der Aufbau und Unterhalt einer Fabrik für
Blindenhilfsmittel zu sein.
• Gewöhnlich werden Firmen und Fabriken kurz nach Eröffnung
wieder geschlossen, da in der Regel mit jeder Standort-Eröffnung
die unterschiedlichsten Gewerkschaften auf den Plan gerufen werden, um
die
Produktion zunächst einmal mit Streiks lahm zu legen.
• Zudem könnte sich die Zufuhr von Rohmaterialien schwierig
gestalten, da Kerala weit ab im Süden Indiens liegt. Die Fabrik
für
neu zu entwickelnde Blindenhilfsmittel könnte also an einem
anderen
Ort z. B. in Bombay besser untergebracht werden.
5.2 Internationales Ausbildungszentrum in Kerala
Aus unterschiedlichen Ländern wurden wir bereits von Blinden darum
gebeten mit unserer Konzeption von Blindenerziehung auch in ihre
Länder zu kommen. Würden wir in anderen Ländern in
ähnlich intensiver Weise wie bisher neue Projekte starten,
könnten wir vielleicht drei oder vier weitere Zentren aufbauen.
Das dazu benötigte Geld müsste weiterhin aus Europa und aus
den USA zusammengetragen werden. Paul und ich überlegten uns daher
ein neues Konzept:
In einem zukünftigen internationalen Ausblidungszentrum mit
Standort Kerala sollen erwachsene Blinde und Sehgeschädigte eine
Ausbildung erhalten, die sie befähigt, in ihren Ländern
eigene
Projekte (im Sinne von Braille ohne Grenzen) zu starten. Mit dieser
Ausbildung
erwerben die Absolventen die Voraussetzung in ihren Ländern eigene
Konzepte zu entwickeln und eigene Programme für Blindenzentren auf
die Beine zu stellen. Die Ausbildung von ein bis zwei Jahren umfasst
ein
Intensivtraining in Englisch (Rede und Schrift), in Management, in
Techniken
des Spendensammelns und in Computertechnik (Erstellung von Programmen,
Webseiten, Broschüren usw.)
5.3 Landkauf
Anfang 2005 werden wir uns um den Landkauf kümmern. Wir werden uns
bereits nach möglichen Bauunternehmern umsehen. Zudem möchten
wir eine in Indien legale Charity-Organisation gründen.
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6. Ladakh
Bei einem Workshop in Ladakh, einer tibetischsprachigen Region
in Nordindien, habe ich im vergangenen Jahr (November 2003) den lokalen
Behörden und Medien das Braille ohne Grenzen Konzept einer
Blindenausbildung
vorgestellt. Der Erfolg war groß und die Zustimmung von der
Regierung
kam sofort. Sie möchte ein Zentrum in Leh, der Hauptstadt,
einrichten.
Die Regierung möchte für ein Zentrum nach dem tibetischen
Modell
ein Gelände zur Verfügung stellen und die späteren
laufenden
Kosten einer solchen Einrichtung übernehmen. Wir richteten
daraufhin
in Leh ein Informations-Büro ein und ließen uns durch den
selbst
blinden Muslim Manzur über das Jahr hinweg vertreten. Manzur
leistete
hervorragende Arbeit. Im Herbst dieses Jahres bekamen wir den Bescheid,
dass die Regierung nun ein Stück Land gefunden habe. Paul und ich
werden
im kommenden Jahr das Angebot in Augenschein nehmen und dann, wenn wir
es
für geeignet empfinden, bereits erste Baupläne anleiten.
Manzur
soll als zukünftiger Leiter einer solchen Einrichtung in dem noch
zu
erstellenden Trainingsprogramm in Kerala ausgebildet werden. Dafür
werden
er und seine Familie von seiner lokalen Regierung unterstützt.
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